Gerichtsorganisation
Das Vereinigte Königreich ist in drei Rechtsräume gegliedert: England und Wales, Schottland und Nordirland.
Gerichtsbarkeiten - Kurze Beschreibung
Supreme Court (Oberster Gerichtshof)
Im Jahr 2009 übernahm der Supreme Court of the United Kingdom die Aufgaben des Appellate Committee (Rechtsmittelausschuss) des House of Lords. Ebenso übernahm er die Funktionen, die zuvor dem Judicial Committee des Privy Council (Rechtsausschuss des Kronrates) zugewiesen waren (der Privy Council ist die höchste Rechtsmittelinstanz für mehrere unabhängige Länder des Commonwealth, dem Vereinigten Königreich unterstehende Territorien in Übersee sowie Besitzungen der britischen Krone).
Der Supreme Court ist die höchste Rechtsmittelinstanz im Vereinigten Königreich sowohl für Straf- als auch Zivilsachen, wobei in schottischen Strafsachen beim Supreme Court keine Rechtsmittel eingelegt werden dürfen. Für gewöhnlich wird ein Appellationsverfahren vor dem Supreme Court nur dann zugelassen, wenn die streitige Rechtsfrage von öffentlichem Interesse ist.
Court of Appeal (Appellationsgericht)
Der Court of Appeal ist die Rechtsmittelinstanz für Strafsachen des Crown Court und für Zivilsachen des High Court.
High Court
Der High Court befasst sich mit Zivilsachen, ist die Berufungsinstanz für Strafsachen und hat die Möglichkeit, Handlungen von Privatpersonen oder Organisationen auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu prüfen. Normalerweise befasst sich der High Court mit Sachen, bei denen der Streitwert 30 000 GBP übersteigt. Unter gewissen Voraussetzungen kann eine Sache mit einem Streitwert von mehr als 30 000 GBP vom High Court an den County Court überwiesen werden; ebenso kann der County Court eine Sache, in der der Streitwert unter 30 000 GBP liegt, an den High Court verweisen.
Der High Court gliedert sich in die folgenden drei Hauptabteilungen:
- Family Division –
Die Family Division befasst sich mit komplexen strittigen Scheidungsfällen, Vormundschafts- und Adoptionssachen, Fällen häuslicher Gewalt usw. Darüber hinaus verhandelt sie in zweiter Instanz Ehesachen, die von einem Magistrates' oder County Court entschieden wurden, und befasst sich mit Fällen von Geistesgestörtheit und einfachen Nachlasssachen. - Queens Bench Division –
Die Queens Bench Division befasst sich mit großen und/oder komplexen Schadensersatzklagen. Ferner ist sie in einer begrenzten Zahl von Fällen die Rechtmittelinstanz für Entscheidungen der Magistrates' oder Crown Courts. Ansonsten überprüft sie Handlungen von Organisationen auf ihre Rechtmäßigkeit und entscheidet über Klagen wegen Beleidigung und Verleumdung. - Chancery Division –
Die Chancery Division befasst sich mit Treuhandverhältnissen, Testamentsanfechtungen, der Liquidation von Unternehmen, Insolvenzen, Hypotheken, karitativen Organisationen, Anfechtungen von Steuererklärungen (normalerweise Einkommensteuererklärungen) usw.
Crown Court
Vor den Crown Court gelangen folgende Sachen:
- schwere Straftaten, über die Richter meistens zusammen mit Geschworenen zu Gericht sitzen
- Urteile von Magistrates' Courts, die an den Crown Court zur Festlegung des Strafmaßes verwiesen werden.
Crown Courts verhängen härtere Freiheits- und Geldstrafen als Magistrates' Courts.
County Court
County Courts befassen sich mit Zivilsachen, die vor einem Einzelrichter oder einem District Judge verhandelt werden. Normalerweise fallen in die Zuständigkeit eines County Court Sachen mit einem Streitwert von bis zu 30 000 GBP (oder 45 000 GBP in Vermögenssachen). Sachen mit einem höheren Streitwert werden vor dem High Court verhandelt - siehe oben. Bei allen Ansprüchen aus ordentlichen Kreditverträgen ist unabhängig von ihrem Wert zunächst der County Court zu befassen.
Beispiele für Sachen, die vor dem County Court verhandelt werden:
- Streitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern wie beispielsweise Räumungsklagen, Mietrückstände, Reparaturen
- verbraucherrechtliche Streitigkeiten: beispielsweise fehlerhafte Waren oder Dienstleistungen
- Ansprüche bei Personenschäden (wegen fahrlässiger Körperverletzung): beispielsweise Verkehrsunfälle, Sturz durch ein Loch im Bürgersteig, Arbeitsunfälle
- unstrittige Scheidungssachen, aber nur bei einigen County Courts
- Fälle von Diskriminierung aufgrund der Rasse und des Geschlechts
- Schuldverhältnisse: beispielsweise ein Gläubiger, der eine Zahlung einfordert
- aus einem Beschäftigungsverhältnis entstehende Streitsachen: beispielsweise Lohn- oder Gehaltsrückstände oder Lohn- oder Gehaltspfändungen
- Rechtsmittel gegen Entscheidungen eines Magistrates' Court, über die ein Richter (und bei jugendlichen Beklagten mindestens zwei Laienrichter) verhandeln.
Bagatellsachen
Bagatellfälle werden ebenfalls vor dem County Court verhandelt. Bei Bagatellsachen geht es im Allgemeinen um einen Streitwert bis zu 3000 GBP.
Magistrates’ Court
Magistrates' Courts befassen sich mit Strafsachen und einigen Zivilsachen. Die Sachen werden vor einem District Judge (Magistrates' Court) verhandelt.
- Strafsachen vor den Magistrates' Courts
Vor den Magistrates' Courts werden minder schwere Straftaten (summary offences) verhandelt, in denen der Beklagte keinen Anspruch auf ein Verfahren mit Geschworenen hat. Bei diesen Vergehen besteht die Höchststrafe in einer sechsmonatigen Haftstrafe und/oder einer Geldstrafe bis zu 5000 GBP. Magistrates' Courts befassen sich auch mit Straftaten, bei denen der Beklagte zwischen einer Verhandlung durch ein Geschworenengericht und einer Verhandlung vor dem Magistrates' Court wählen kann. Entscheidet sich der Beklagte für eine Verhandlung vor einer Jury, wird die Sache an den Crown Court überwiesen. - Youth court (Jugendgericht)
Vor das Jugendgericht kommen jugendliche Straftäter zwischen zehn und 17 Jahren. Das Jugendgericht ist Bestandteil des Magistrates' Court, und die Sachen werden vor einem District Judge (Magistrates' Court) und zwei weiteren besonders geschulten Laienrichtern verhandelt. Wird ein Jugendlicher einer besonders schweren Straftat beschuldigt, die bei einem Erwachsenen mit einer Freiheitsstrafe von mindestens 14 Jahren belegt wird, kann das Jugendgericht die Sache an den Crown Court verweisen. - Zivilsachen vor dem Magistrates' Court
Magistrates' Courts befassen sich auch mit Zivilsachen. Dazu gehören:- bestimmte Forderungsrückstände: beispielsweise bei der Einkommensteuer, den Sozialversicherungsbeiträgen, der MwSt, Ratenzahlungen
- Lizenzen: beispielsweise Erteilung, Verlängerung oder Entzug von Lizenzen für Kneipen und Klubs
- bestimmte Ehesachen: beispielsweise Unterhalt und Entfernung eines Ehegatten aus dem gemeinsamen Haushalt
- Kindeswohl: beispielsweise Anordnung der Betreuung oder Überwachung durch das Jugendamt, Adoptionsverfahren und Entscheidung über den Aufenthaltsort.
Coroners’ Courts
Untersuchung der Umstände plötzlicher, gewaltsamer oder unnatürlicher Todesfälle.
Gerichtshierarchie
Nähere Einzelheiten sowie eine grafische Darstellung des Gerichtswesens in Nordirland finden Sie auf der Website des Northern Ireland Courts and Tribunals Service.
Verwaltung der Gerichte
In Nordirland ist das Northern Ireland Courts and Tribunals Service für die Verwaltung der Gerichte in seinem Zuständigkeitsbereich verantwortlich.
Dazu gehört:
- Bereitstellung administrativer Unterstützung für die Gerichte und die Justizbehörden Nordirlands
- Vollstreckung von zivilrechtlichen Entscheidungen durch einen vom Amt für die Vollstreckung von Entscheidungen (Enforcement of Judgments Office) bereitgestellten zentralen Vollstreckungsdienst
- Bereitstellung administrativer Unterstützung für verschiedene Tribunals.
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